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Politische Reformen in China (2) – Korruption, Marktwirtschaft und Demokratie

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Von ICC-Redakteur Patrick Müsker

Im zweiten Teil der Reihe um die Debatte zu Ausrichtung der Reformen Chinas stellen wir die Konfliktpunkte zwischen der Neuen Linken und den Liberalen vor. Dabei geht es hauptsächlich um Themen wie die Eingliederung der Marktwirtschaft und deren Vor- oder Nachteile für die chinesische Gesellschaft.

Konfliktpunkte zwischen der Neuen Linken und den Liberalen

Ein zentraler Konfliktpunkt in der Debatte ist die Frage nach individueller Freiheit und bildet gerade für die Liberalen den Kern ihrer Ausrichtung. Damit verbunden vertreten sie den Schutz von privaten Eigentumsrechten. Denn diese bilden für sie die oberste Bedingung zur Garantie individueller Freiheit wie auch zum Erreichen einer freien Marktwirtschaft. Die Liberalen verlangten das Hinzufügen der Klausel für private Eigentumsrechte zur chinesischen Konstitution, welche im März 2004 während der zehnten Plenarsitzung des Nationalen Volkskongresses angenommen wurde. Die Neuen Linken vermuteten hinter dem Antrag allerdings ganz andere Ziele und kritisierten diese. Ihnen zufolge hofft man bei Eigentumsrechten auf die Lösung sozialer Konflikte. Doch falls der Prozess nicht demokratisch oder gleichberechtig stattfindet, sei die Legalisierung nur zum Schutz des Prozesses einer illegalen Aufteilung gut.

Diskussion der Marktgesellschaft in China

Ein weiterer Punkt ist die Analyse der gegenwärtigen Gesellschaft Chinas. Für die Neuen Linken besteht mittlerweile eine Marktgesellschaft mit integriertem transnationalem Kapitalismus. Wang Hui 汪晖 zufolge sei es der liberalen Bewegung der „Neuen Erleuchtung“ nicht möglich gewesen Chinas Probleme zu verstehen. Vielmehr habe sie nicht verstanden, dass die Probleme Chinas gleichzeitig Teil der Probleme des globalen kapitalistischen Marktes seien. Somit müssten die Probleme Chinas gleichzeitig wie die Probleme des Kapitalismus diagnostiziert werden. Nach dem Liberalen Xu Youyu 徐友渔 jedoch, können die Sorgen der Neuen Linke um den gegenwärtigen Kapitalismus nur auf China angewandt werden, wenn man auch die Natur der chinesischen Gesellschaft als kapitalistisch betrachtet. Doch seien die Natur der Gesellschaft und das politische System Nachkommen der Bewegung von 1949, die sowohl die 50er, 60er, 70er als auch 80er ohne nötige Revolution oder einen Abbruch durchlebt hätten.

Macht, Korruption und soziale Ungleichheit

In der Frage der sozialen Gleichheit sehen sich die Neuen Linken als Verteidiger der Opfer der wachsenden Ungleichheit. Diese sei beispielsweise durch eine sich verbreitende Korruption und Arbeitslosigkeit wie auch alles andere Böse aus der Büchse der Pandora namens Marktwirtschaft hervorgerufen. Nach Xu Youyu sind die Liberalen die Ersten, die nach sozialer Gerechtigkeit verlangen müssten. Denn die Komplexität des Problems liege in der Tatsache, dass Macht der Ursprung der Korruption sei, das Problem der Ungleichheit aber nicht ohne eben diese Macht bekämpft werden könne. Eine langzeitliche Lösung sei das Erschaffen einer Marktwirtschat mit fairem Wettbewerb und der Garantie für Pressefreiheit, um der Öffentlichkeit erlauben zu können, die Rolle des „Check-and-Balance“ im politischen Machtspiel ausüben zu dürfen. Dem Liberalen Zhu Xueqin 朱学勤 nach unterliegt der Markt der Gutmütigkeit des Regimes. Denn die Sünden der Marktwirtschaft, egal ob soziale Ungerechtigkeit oder die Kollision zwischen Markt und internationalem Kapital würden mehr vom brutalen Fuß manheng de jiao 蛮横的脚 des Regimes als durch die dreckigen Hände angzang de shou 肮脏的手 des Marktes begangen.

Die Marktwirtschaft als Bote für Demokratie in China?

Zuletzt spielt die Konstruktion der Marktwirtschaft selbst eine wichtige Rolle in der Debatte. Denn die Konstruktion spiele eventuell in den Prozess der politischen Demokratisierung. Den Liberalen zufolge führt die Eingliederung der Marktwirtschaft zwar nicht zwingend zur Demokratie, hinterlasse aber dennoch eine Bedingung zu ihrer Entstehung. Denn in der Weltgeschichte gäbe es keine Beispiele für eine stabile Demokratie ohne die Marktwirtschaft. Besteht also eine Hoffnung auf ein demokratisches Regime als Resultat liberaler Wirtschaft? Die Antwort Wang Huis aus dem Lager der neuen Linken ist simpel. Es sei einfach utopisch zu glauben, dass Gleichheit, Gerechtigkeit und Demokratie in China oder woanders auf der Welt automatisch durch den Markt erschaffen würden.

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